Großartige Teams machen Geschichte. „Teamfähigkeit“ wird in fast allen Stellenausschreibungen gefordert. Im Arbeitsalltag sieht es aber anders aus. Leidgeplagte sprechen über ihre Mühen in und mit Teams. Wie sie Fehler von fauler, egoistischer und ähnlich netter Kollegenschaft ausbügeln. Von Manipulationskünstler*innen werden sie ausgetrickst, von Cliquen gemobbt. Viele fühlen sich in ihrer Leistungsfähigkeit und Motivation eingeschränkt.
Akzeptanz, Vertrauen und Anerkennung sowie regelmäßiger Austausch gelten als Geheimrezepte für erfolgreiche Arbeit in Teams. Das finden Svenja Hofert und Thorsten Visbal in ihrer Teamhasser-Studie 2010 heraus. Aber wie gelingt es, Teamentwicklung wirkungsvoll zu initiieren?


Der Zweck macht den Unterschied

Wer definiert wen, wann und wozu als Team? Diese Schlüsselfrage für Teams beleuchtet die notwendige Unterschiedsbildung zwischen Teamarbeit und individueller Arbeit.  Und wenn Teamarbeit, dann mit Mehrwert: Synergien, Diversität, gemeinsame Ziele, flachere Hierarchien, Wissen, Lösungen, …
Hier einige Beispiele für unterschiedliche Teams.

  • Bereichsteam
    Klassischerweise in beruflichen Organisationen in Bereiche strukturiert: Forschung, Finanzen, Recht, Personal oder IT.
    Es kommt darauf an, wie gut die Leistung von Teams in die Gesamtleistung integrierbar ist.
  • Projektteam
    Abteilungsübergreifende Teams in Matrixorganisationen oder temporäre Forschungsgruppen, die sich einem bestimmten Thema widmen.
    Die Lebenszyklen dieser Teams hängen oft mit Karriereschritten von Mitgliedern zusammen.
  • Arbeitsgruppe
    Jedes Mitglied, meist unterschiedlicher Profession, hat eine separate Aufgabe, die er oder sie allein ausführt.
    Der Nutzen liegt in der Abstimmung, Einzelleistung und individuelle Identität “Ich“ bleiben sichtbar.
  • Management-Team
    Verantwortliche für ihre Bereiche sind auf einer hierarchischen Ebene als Peers verbunden.
    Gleichzeitig gibt es hier oft Konkurrenz und Schaulauf.
  • Virtuelles Team
    Mitglieder arbeiten häufig über große räumliche und zeitliche Entfernungen hinweg (Beispiel Software-Entwicklung).
    Hier kommt es zusätzlich auf die technologische Kompetenz an.

Dysfunktionen führen zur Kettenreaktion

Wenn es im Team nicht klappt, liegen die Ursachen vielleicht an dem, was Leoncini (2014) als Dysfunktion beschreibt. Jedenfalls lohnt es sich, hier mal genauer hinzuschauen.
Denn ohne Bereitschaft zur Offenheit, kein Vertrauen. Ohne Vertrauen, keine ungefilterte und leidenschaftliche Debatte. So kommt es zu Entscheidungen, die nachher nicht akzeptiert und engagiert mitgetragen werden. Es besteht eine Scheu, andere zu Rede zu stellen, wenn ihre Handlungen kontraproduktiv erscheinen. Und letztlich werden die Bedürfnisse der eigenen Person oder der Abteilung über die Ziele des Teams gestellt.

Über Wesentliches austauschen – mit dem Team-Canvas

Veranstalten Sie eine Teamklausur. Der Start ist mit einem halben Tag getan. Das untenstehende Canvas ist ein Leitfaden für die zentralen Fragen, die in Teams beantwortet werden sollen. Machen Sie ein großes Plakat davon (Pinnwand-Größe). Arbeiten Sie mit Post-it’s Feld für Feld durch. Sie werden staunen, wie unterschiedlich die Perspektiven sein können. Treffen Sie Vereinbarungen, wenn etwas offen oder unklar war. Vielleicht braucht es auch einen Folgetermin und Ausarbeitung dazwischen.

Teamübungen stärken die Gemeinschaft und ermöglichen nachhaltige Erfahrungen

Wenn Teams sich an Klausuren oder Team-Events erinnern, werden meist Teamübungen genannt: „Da haben wir einen Turm aus Holzklötzen gebaut.“ Das ist bemerkenswert. Scheinen Teamübungen doch irgendwie Beiwerk zu sein. Nur stimmt das eben nicht. Meist spielerisch angelegt, sind sie doch viel mehr als Spiel. Gute Teamübungen werden in eine Geschichte eingebettet, die mit dem Team und dem aktuellen Thema zu tun haben. Sie ermöglichen gemeinsame Erfahrungen und die Möglichkeit zur Reflexion.
Tobias Voss (2011) hat viele richtig gute Übungen entwickelt.  Er beschreibt auch, was wichtig ist, um die gewünschte Wirkung und Reflexion zu erreichen. Zu beziehen sind sie über Metalog oder über Neuland. Es muss nicht immer Kaviar sein. Zumindest zum Anlass der Teamklausur ein gemeinsames Essen, eine Wanderung oder ein Bowling-Abend. Das ist schon viel mehr, als manche mit ihrem Team erleben.

AUTORIN

Judith Kölblinger, MSc
Beraterin, Trainerin, Coach. Schwerpunkte Change Management, Großgruppen, Führungskräfte-Entwicklung, ZRM-Trainerin, Human-Ressource Business Partner, Teamentwicklung, Leadership, Resilienz.

 

LITERATUR
Funcke, A./Braemer, G. (2019): Ein Herz fürs Team. managerSeminare Verlags GmbH, Bonn.
Gellert, M./Nowak, K. (2010): Teamarbeit, Teamentwicklung, Teamberatung: Ein Praxisbuch für die Arbeit in und mit Teams. Verlag Christa Limmer, Meezen.
Hofert, S./Visbal, T. (2013): Ich hasse Teams. Epubli GmbH, Berlin.
Jenewein, W./Heidbrink M. (2008): High Performance- Teams. Schäffer/Poeschel, Stuttgart.
Lencioni, P./Schieberle A. (2014): Die 5 Dysfunktionen eines Teams. Wiley-VCH, Weinheim.
Mois, T./Baldauf, C. (2016): 24 Work Hacks, sipgate Verlag, Düsseldorf.
Voss, T. (2011): Die METALOG Methode. Hypnosystemisches Arbeiten mit Interaktionsaufgaben. Schilling Verlag, Berlin. Eine Neuauflage ist für Ende 2020 geplant.

HINWEIS


Teamentwicklung initiieren
, 6.-8.3.2020

LV-Leitung: Willi Tschernutter. Diese offene Lehrveranstaltung kann auch von Nicht-Studierenden besucht werden.
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